Die intensiven Wartungsarbeiten in Norwegen und weiterhin niedrigen LNG-Importe sorgen aktuell für ein verknapptes Gasangebot auf dem europäischen Gasmarkt. Die wetterbedingte Gasnachfrage aus dem Stromsektor zeigt sich hingegen stark. Eine Rückkehr auf das Preisniveau von Anfang Juli ist derzeit nicht in Sicht.
Gasflüsse aus Norwegen könnten auf Mehrjahrestief fallen
Zu Beginn der Woche hatte Gassco die Wartungen für die Anlagen von Kollsnes und Nyhamna bis in den September hinein verlängert. Die Gasflüsse aus Norwegen könnten damit in der nächsten Woche mit Kürzungen von 237 Mio. Kubikmetern unter das Tief vom letzten September fallen, als die Gasflüsse kurzfristig auf 122 Mio. Kubikmeter sanken.
Bis zum 15. September sollen die wartungsbedingten Kürzungen dann bei mindestens 160 Mio. Kubikmeter liegen. Die Gaspreise könnten in den nächsten Wochen sehr sensitiv auf jede ungeplante Änderung des Wartungskalenders reagieren.
Gasspeicher und Gastransit durch die Ukraine
Die geopolitische Situation bleibt sehr angespannt und stützt die Gaspreise. Zwar fließt das Gas durch die Ukraine weiterhin konstant, doch belasteten Meldungen von Anfang der Woche, wonach durch einen russischen Angriff in der Ukraine die Infrastruktur von Gasspeichern beschädigt wurde.
Die Gasspeicher der EU sind zu 92 Prozent gefüllt, damit sind derzeit insgesamt rund 1050 TWh Erdgas eingespeichert. Die Gasspeicher der Ukraine sind derzeit nur zu 23 Prozent gefüllt, das entspricht ungefähr 73 TWh.
Eine intakte ukrainische Gasspeicherinfrastruktur hat Bedeutung und großes Ausbaupotential für den europäischen Gasmarkt. Die ukrainische Naftogaz bietet heimischen und ausländischen Kunden die Möglichkeit eines Zolllagers (CWR: Customs Warehouse Service) an. In 2023 lagen die CWR-Einspeicherungen ausländischer Unternehmen laut Naftogaz bei insgesamt 2,5 Mrd. Kubikmeter.
Kraftwerksgasnachfrage auf 8-Monats-Hoch
Mit den wieder deutlich gestiegenen Temperaturen und einer gefallenen Windstromproduktion in vielen europäischen Ländern steigt die Gasnachfrage im Stromsektor in dieser Woche auf den höchsten Stand seit acht Monaten.
Die Stromgeneration der Gaskraftwerke in der EU lag am Donnerstag bei insgesamt mehr als 50 GW. Damit rückte Erdgas als Brennstoff zur Stromproduktion auf Rang zwei hinter der Atomkraft mit 74 GW und noch vor Wasserkraft (33 GW), Windkraft (32 GW) und Photovoltaik (26 GW).
Schwache LNG-Importe
Für den August zeichnen sich eine ähnlich schwache LNG-Importe als im Vormonat Juli ab. Im Juli waren die LNG-Importe mit 92 LNG-Schiffslieferungen auf ein Mehrjahrestief gefallen. Der Wert könnte im August noch unterboten werden.
Bisher sind 85 LNG-Schiffe an den europäischen Terminals angekommen, bis zum Monatsende werden nur drei weitere erwartet. Derzeit kündigt sich auch keine Verbesserung im September an, in der ersten Woche des neuen Monats werden nur 12 Lieferungen erwartet.
Rückkehr zu 30 Euro im September unwahrscheinlich
LNG-Lieferungen nach Europa sind gegenüber Asien derzeit nicht im Geld. Der asiatische JKM zahlt derzeit für Spotlieferungen umgerechnet rund 5 EUR/MWh mehr. Erst im November fällt der Spread wieder auf 3-4 EUR/MWh und könnte dann wieder mehr LNG nach Europa bringen.
Ab Dez-24 und Q1-25 ist gemäß der aktuellen Terminkurve Europa wieder aus dem Geld. Das Ausmaß wieviel LNG nach Europa während dem Winter kommt, wird einer der maßgeblichen Treiber der Preisentwicklung auf dem europäischen Gasmarkt sein.
Eine Rückkehr auf das Niveau von 30 EUR/MWh von Beginn Juli erscheint im September unwahrscheinlich. Das verknappte Angebot aus Norwegen, die schwachen LNG-Importe wegen starker Nachfrage in Asien und das anhaltend hohe geopolitische Risiko stimmen die Märkte bullish.