Geopolitik sorgt für Rallye an den Gasmärkten

Die Gaspreise steigen in dieser Woche aufgrund geopolitischer Spannungen, Ausfälle in Norwegen und temperaturbedingt höherer Nachfrage. Die Instabilität im Nahen Osten, mögliche Auswirkungen auf den Energiekomplex und die Angriffe Russlands auf die ukrainische Energieinfrastruktur standen dabei im Vordergrund.

Zukünftige Rolle der Ukraine

Die ukrainische Energieinfrastruktur wurde durch russische Angriffe massiv zerstört. In welchem Maße die Ukraine dadurch mittelfristig auf Strom- und Gasimporte angewiesen sein wird, ist derzeit unklar.

Dies könnte die Skepsis der Marktteilnehmer gegenüber der sicheren Nutzung der ukrainischen Gasspeicher erhöhen. Insbesondere im Sommer, wenn ein potentielles Überangebot auf volle EU-Gasspeicher trifft und nicht wie in der letzten Saison als zusätzlicher Sicherheitspuffer in der Ukraine eingespeichert werden würde.

Ende 2024 läuft der Transitvertrag zwischen dem ukrainischen Gasversorger Naftogaz und dem russischen Gaskonzern Gazprom aus. Ohne weiteres Transitabkommen könnte Gazprom per Ausschreibungen zwar auch in den Folgejahren Erdgas an europäische Vertragspartner liefern. Derzeit sieht es jedoch eher danach aus, dass kein weiteres Gas fließen könnte.

Nahost-Konflikt mit Sprengkraft für den Energiemarkt

Nach dem Angriff des Iran auf Israel, ist derzeit unklar wie die Reaktion Israels ausfallen wird. Derzeit gehen die Beobachter nicht von einem Angriff Israels auf die iranische Ölproduktion aus. Weitere Sanktionen gegen den Iran, das Risiko der Angriffe der Houthi-Rebellen sorgen für Aufwärtspotential für die Ölpreise bzw. steigende Frachtraten für den Öl- und LNG-Transport.

Eine Blockade der Straße von Hormuz durch den Iran hätte dramatische Folgen für den weltweiten Öl- und LNG-Handel. Ungefähr ein Fünftel der täglichen, weltweiten Ölnachfrage passiert die Strasse von Hormuz.

Mit einer Exportkapazität von 77 Millionen Tonnen LNG pro Jahr, war Katar in 2023 hinter den USA der weltweit zweitgrößte LNG-Produzent. Ein Ausfall der LNG-Exporte Katars wurde rund 10 Prozent des europäischen LNG-Angebots und rund 25 Prozent des gesamten asiatischen LNG-Angebots kürzen.

LNG-Preise könnten sich vervielfachen

Vor diesem Hintergrund stiegen die europäischen LNG-Preise in den letzten Tagen auf den höchsten Stand seit vier Monaten auf über 32 EUR/MWh, ein Verteuerung innerhalb der letzten zwei Wochen von 25 Prozent.

Das Risiko eines Ausfalls der katarischen LNG-Mengen ist derzeit jedoch nicht ansatzweise als Risikoaufschlag eingepreist. Die Nachfrage könnte sich dem reduzierten Angebot nicht kurzfristig anpassen.

Die Reaktion der Nachfrage wäre dann auf Preisveränderungen vollkommen unelastisch, da trotz steigender Preise immer die gleiche Menge gekauft werden würde. Während der Energiekrise im Jahr 2022 kam es zu einer solchen Entwicklung, als die Spotpreise am niederländischen TTF auf über 300 EUR/MWh stiegen.

Sorgen um Freeport LNG

Die Auswirkungen der aktuellen Kältewelle und der wartungsbedingten Ausfälle der norwegischen Lieferungen auf die Gaspreise erachten wir im aktuellen Umfeld als eher begrenzt. Im angespannten Umfeld sorgten jedoch Nachrichten aus den USA für zusätzliche Unterstützung der Gaspreise.

Die Erdgaslieferungen (Feedgas) an das us-amerikanische Freeport LNG-Terminal sind in der letzten Woche dramatisch gesunken. Dies schürte zuletzt die Sorge, dass möglicherweise alle drei Produktionszüge der Anlage nach dem bereits bestehenden Problem in einem Produktionszug komplett ausfallen könnten.

Freeport LNG hat eine jährliche Kapazität von über 15 Millionen Tonnen LNG und macht rund 20 Prozent der gesamten LNG-Exporte der USA aus. Im vergangenen Monat März war Europa die bevorzugte Lieferdestination für US-LNG und nahm rund 57 Prozent der gesamten US-LNG-Exporte ab.