Finnland und der Balticconnector

Der Schaden an der Pipeline zwischen Finnland und Estland und die Eskalation in Nahost sorgen in dieser Woche für Turbulenzen an den Gasmärkten. Der Balticconnector ist die einzige Pipeline-Verbindung Finnlands zum europäischen Gasmarkt. Ein Überblick.

Gasversorgung Finnlands nicht gefährdet

Der Ausfall der Pipeline hat keinen Einfluss weder auf die europäische und – nach Aussagen des finnischen Netzbetreibers Gasgrid – noch auf die finnische Gasversorgungssicherheit.

Die europäischen Gaspreise reagieren dennoch auf dieses Ereignis. Der Ausfall der Pipeline weckt Erinnerungen an den Anschlag auf die Nord-Stream-Pipelines und zeigt die Verletzlichkeit versorgungskritischer Infrastruktur.

Balticconnector beendet Finnlands Abhängigkeit von Russland

Finnlands Erdgasbedarf ist mit rund 2,6 Mrd. Kubikmeter/ Jahr im europäischen Kontext sehr niedrig. Erdgas macht nur rund fünf Prozent der finnischen Energieversorgung aus und wird hauptsächlich zur Kraft-Wärme-Kopplung und von der Industrie verwendet.

Bis zur Inbetriebnahme des Balticconnectors im Dezember 2019 war Finnlands Gasimport zu 100 Prozent von den russischen Gaslieferungen über den Grenzübergangspunkt Imatra abhängig. Weil Finnland sich geweigert hatte für russisches Erdgas in Rubel zu bezahlen, stellte Russland am 22. Mai 2022 die Gaslieferungen nach Finnland ein.

Die russischen Importe machten zu diesem Zeitpunkt rund zwei Drittel der finnischen Gasnachfrage aus. Zwei neue LNG Terminal zusammen mit dem Balticconnector stellten die Gasversorgung Finnlands dann neu auf.

Die neuen LNG Importterminals Finnlands

Das Hamina LNG Terminal ist seit Oktober 2022 in Betrieb und dient im Wesentlichen nur zur Regasifizierung der lokalen Industrie und als LNG-Speicher. Die täglichen Aussendungen sind dementsprechend gering und liegen meist nicht über 5 GWh/Tag.

Für die finnische Gasversorgung von zentraler Bedeutung ist das seit Januar 2023 im Betrieb befindliche schwimmende Inkoo LNG Terminal. Die jährliche Regasifizierungskapazität von rund 5 Mrd. Kubikmeter entspricht damit knapp dem doppelten des finnischen Jahresbedarfs.

Seit April 2023 sendet das Terminal meist zwischen 30 bis 90 GWh/Tag in das finnische Gasnetz, maximal wären 140 GWh/Tag möglich. Die finnische Gasgrid schätzt den Winterbedarf in Spitzenzeiten auf rund 100 GWh/Tag, so dass das Inkoo LNG Terminal allein die Gasversorgung Finnlands im Winter vollständig absichern kann.

Balticconnector: Redundante Versorgungsabsicherung für das Baltikum

Der Balticconnector ist Teil Finnlands redundanter Versorgungsabsicherung für Erdgasimporte aus Estland und der Möglichkeit Erdgas (regasifiziert aus dem Inkoo LNG Terminal) nach Estland zu exportieren. Mit dem Ausfall der Pipeline ruht die Erdgasversorgungssicherheit des Landes im Wesentlichen auf den Importen am Inkoo LNG Terminal.

Bereits zu Zeiten der russischen Gasimporte war der Balticconnector ein Element der Diversifizierungsstrategie der baltischen Staaten, um die Abhängigkeit von russischem Erdgas zu verringern. Seit Inbetriebnahme der Baltic-Pipeline zwischen Dänemark und Polen im Oktober 2022 stellt der Balticconnector damit eine Netzverbindung zwischen Norwegen, Dänemark, Polen, Litauen, Lettland, Estland und Finnland her.

Eine weitere Diversifizierung der Gasbeschaffung der baltischen Staaten soll durch weitere LNG-Terminals erfolgen. Von den drei geplanten LNG Terminals in Skulte (Lettland) und Paldiski bzw. Talinn (Estland) scheint derzeit jedoch nur das Terminal in Paldiski gute Chancen auf eine Umsetzung zu haben.