Der Gasmarkt in Polen

Unter den osteuropäischen Ländern ist Polen das Land mit dem höchsten Gasverbrauch. Seit der Energiekrise hat das Land seine Gasversorgung erfolgreich diversifiziert. Der Umbau des polnischen Gasmarkts ist ein Paradebeispiel für eine geopolitisch motivierte Transformation. Ein Überblick.

Größter Gasverbraucher Osteuropas

Der Gasverbrauch Polens ist in den letzten 15 Jahren, getrieben durch Industrie, Stromerzeugung und politische Ziele zur Emissionsminderung deutlich gestiegen und lag im Jahr 2024 bei rund 200 TWh.

Damit hat das Land den größten Gasverbrauch in Osteuropa und den siebtgrößten Gasverbrauch in Europa, mehr als doppelt so viel als der Gasverbrauch der Tschechischen Republik oder Österreichs.

Abkehr von russischer Abhängigkeit

Traditionell war Polen stark von russischem Erdgas abhängig. Bis 2022 stammten rund 50 % der Gasimporte aus Russland, geliefert über die Jamal-Pipeline. Der Jamal-Europa-Liefervertrag wurde 1996 geschlossen und sollte bis Ende 2022 laufen. Das Volumen lag bei rund 100 TWh Erdgas pro Jahr.

Polen hatte bereits 2019 angekündigt, den Vertrag nicht zu verlängern. Die Regierung begründete dies mit dem Ziel der Energieunabhängigkeit von Russland, dem Aufbau einer neuen Erdgas-Importstruktur und den EU-Vorgaben zur Diversifizierung bzw. EU-Klimazielen.

Gazprom beendete jedoch bereits im April 2022 die Gaslieferungen nach Polen, nachdem das Land sich dem „Rubel-Dekret“ von Gazprom verweigerte, wonach „unfreundliche Staaten“ Gasrechnungen in Rubel statt Euro oder Dollar zu bezahlen hatten.

Transformation der Gasversorgung

Die inländische Gasförderung Polens liegt in den letzten Jahren bei rund 12 Mrd. Kubikmeter pro Jahr und machte damit rund 6 Prozent des Gasbedarfs aus. Polen strebt an, die Förderung auch in den nächsten Jahren konstant zu halten, wesentliche Ausbaupotentiale bestehen nicht.

Das LNG-Terminal Świnoujście und die Baltic-Pipeline sind daher die wesentlichen Pfeiler der Transformation des polnischen Gasmarkts mit dem Ziel der Abkehr von russischem Erdgas.

Das LNG-Terminal wurde im Jahr 2015 mit einer Initialkapazität von 5 Mrd. Kubikmeter pro Jahr in Betrieb genommen. Mit zwei Ausbaustufen in den Jahren 2022 und 2024 beträgt die Kapazität seit 1. Januar 2025 rund 8,3 Mrd. Kubikmeter pro Jahr.

LNG-Terminal Świnoujście

Im Jahr 2024 wurden rund 73 TWh Erdgas aus dem Terminal ausgesendet. Die meisten LNG-Lieferungen kamen aus USA, Katar und Norwegen. Es wurde kein russisches LNG importiert. Damit deckte das Terminal mehr als 30 Prozent des polnischen Gasbedarfs.

Das Terminal war im Jahr 2024 zu 90 Prozent ausgelastet und lieferte fast so viel Erdgas wie alle drei deutschen LNG-Terminals zusammen. Zur weiteren Diversifizierung soll das schwimmende Terminal FSRU Gdańsk beitragen, was ab 2027 in Betrieb gehen soll.

Świnoujście spielt damit eine große Rolle für die nationale Gasversorgung, LNG ist für Polen eine zentrale Säule der Diversifizierung. Im Vergleich dazu sind die deutschen LNG-Terminals deutlich schwächer ausgelastet, das Terminal in Wilhelmshaven beispielsweise war im Jahr 2024 nur zu 65 Prozent ausgelastet.

Baltic Pipeline

Nach siebenjähriger Bauzeit wurde im September 2022 die 900 km lange Baltic Pipeline in Betrieb genommen. Über die Pipeline wird norwegisches Erdgas über Dänemark nach Polen importiert.

Die Pipeline ist ein Abzweig der bestehenden Pipeline Europipe II, die von Norwegen durch die Nordsee nach Deutschland führt. Über das dänische Festland führt die Baltic Pipe dann über die Ostsee nach Polen.

Die Pipeline hat eine maximale Kapazität von 10 Mrd. Kubikmeter pro Jahr und könnte damit rund 50 Prozent des polnischen Gasbedarfs decken. im Jahr 2024 importierte Polen darüber rund 80 TWh Erdgas.

Rund 80 Prozent der Pipelinekapazität sind langfristig bis 2037 gebucht. Eine optionale Offshore-Wasserstoffleitung unter dem Baltischen Meer, der sog. Baltic Sea Hydrogen Collector (BHC) ist derzeit zwischen Netzbetreiber und Branchenpartnern für die Zeit nach 2030 im Gespräch.